Unfallversicherung 

Anforderungen an die fristgerechte Invaliditätsfeststellung gem. Nr. 2.1.1.1 AUB 06 bei handschriftlichem Zusatz „wahr- scheinlich“ 

VVG § 1; AUB 06 Nr. 2.1.1.1 und 5 

1. Eine ärztliche Invaliditätsbescheinigung ist der Auslegung zugänglich. Dabei ist im Interesse der „Waffengleichheit“ zwischen VN und Versicherer auch von Bedeutung, ob ersterer Anlass hat, an der in seinen Händen befindlichen Bescheinigung zu zweifeln.  

 2. Veranlasst die Gestaltung des Formulars für die ärztliche Invaliditätsfeststellung zu einem einschränkenden Zusatz (hier „wahrscheinlich“), so erscheint estreuwidrig, wenn der Versicherer sich sodann darauf beruft, es sei nicht eindeutig feststellbar, ob die Einschränkung sich gerade auf die Prognose der Invalidität beziehe. 

3. Anamnesegespräche sind nicht von vornherein zur Befunderhebung im Rahmen der Feststellung der Invalidität ungeeignet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die vom Versicherten geschilderten Beschwerden auch bei eingehender Untersuchung nur bedingt objektiv verifizierbar sind. 

OLG Bremen, Urteil vom 9.6.2016 (3 U 23/14) VersR 2018, 23